In der denkmalgeschützten Frank’schen Siedlung wollen viele Eigentümer auf Wärmepumpen und Photovoltaik umsteigen. Politik und Verwaltung arbeiten an Standards – ein Beschluss aus Altona gilt als Wegweiser.
Die Frank’sche Siedlung in Hamburg-Klein Borstel vereint 1920er-Jahre-Architektur mit dem Wunsch nach klimafreundlicher Technik. Doch strenge Regeln zum Erhalt des historischen Ensembles bremsen bislang Wärmepumpen und Solarmodule. Ein neuer Ansatz: klare, vorab geprüfte Standardlösungen – und eine Quartiersstrategie, die Denkmalschutz und Energiewende zusammenbringt.
Das Dilemma im Denkmal
Die Siedlung steht als Ensemble unter Schutz; Form, Materialität und Dachlandschaften sind verbindlich geregelt. Gleichzeitig gilt in Hamburg seit 1. Januar 2024 eine (ausnahmefähige) Solarpflicht bei Neubauten und größeren Dachumbauten – mit besonderen Prüfungen für Denkmale. Genau hier hakt es: Viele Anträge werden im Einzelfall aufwendig abgewogen, was zu Verzögerungen und Unsicherheit führt. Leitfäden der Umweltbehörde beschreiben Ausnahmen und Gestaltungsanforderungen, geben Eigentümern aber noch keine „Fast-Track“-Sicherheit.
Rückenwind: Altona erlaubt Wärmepumpen im Ensemble
Im Frühjahr 2025 hat der Bezirk Altona eine Grundsatzentscheidung gefällt: Wärmepumpen sollen – trotz Erhaltungsverordnung – grundsätzlich möglich sein, sofern Aufstellort, Schallschutz und Erscheinungsbild passen. Nach öffentlicher Debatte wurde eine zuvor restriktive Praxis revidiert. Das gilt stadtweit als Signal, wie Spielräume im Denkmalsschutz genutzt werden können.
Was Klein Borstel jetzt braucht
Statt kleinteiliger Einzelfallentscheidungen sprechen viel Praxis und Recht für standardisierte Lösungen:
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Standort- und Gestaltungsstandards: fest definierte Zonen für Außengeräte, verbindliche Schallschutzwerte, unauffällige Leitungsführung; für PV bündige Verlegung, Rastervorgaben und bevorzugte Dachseiten. Wer die Standards erfüllt, erhält ein vereinfachtes Verfahren. Das schützt das Straßenbild und schafft Planbarkeit.
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Transparente PV-Ausnahmen: Klar kommunizieren, wo die Solarpflicht greift, wann sie bei Denkmalen entfallen kann und welche Ersatzmaßnahmen (z. B. Beteiligung an gemeinschaftlicher PV) anerkannt sind.
Quartier statt Einzelheizung
Die Siedlung ist baulich stark vereinheitlicht – ein Ideal für Quartierslösungen:
Kalte Nahwärmenetze (Erdsonden/Erdkollektoren + dezentrale Wärmepumpen), PV-Kaskaden mit gemeinsamer Netz- und Speicherinfrastruktur oder hybride Systeme können Technik bündeln, Verluste senken und Investitionen verteilen. Hamburger Akteure treiben genau solche dezentralen Netze voran; auch Projekte in der Region zeigen, dass kalte Nahwärme in dicht bebauten Gebieten funktioniert.
Kurz erklärt – Kalte Nahwärme:
Ein Niedertemperaturnetz transportiert Umweltwärme (z. B. aus Erdsonden) zu den Häusern; dort heben kleine Wärmepumpen die Temperatur auf Heizniveau. Das Netzwerk arbeitet leise, effizient und kann im Sommer sogar kühlen.
Maßnahmenfahrplan (Vorschlag)
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Standardkatalog beschließen: zulässige Aufstellorte, Schallschutz, Leitungsführung; PV-Gestaltungsvorgaben mit Musterlösungen. Vereinfachtes Verfahren für Fälle, die 1:1 den Standards entsprechen – angelehnt an die Altonaer Linie.
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Machbarkeitsstudie Quartier: Variantenvergleich (Technik, CO₂, Kosten je Haus), Förderpfade und Zeitplan für kalte Nahwärme + PV/ Speicher. Einbindung städtischer Wärmeakteure für Planung und Betrieb.
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Transparenz bei der Solarpflicht: verständliche Checklisten zu Pflichten und Ausnahmen im Denkmal, inkl. Ersatzoptionen (gemeinschaftliche PV, Freiflächen auf Nebenbauten).
Fazit
Klein Borstel kann vom Problemfall zum Vorzeigequartier werden: Mit Standardlösungen nach Altonaer Vorbild, einer Quartierswärme-Strategie und klaren PV-Spielregeln lassen sich Denkmalschutz und Wärmewende versöhnen – schneller, rechtssicher und bezahlbar. Die rechtliche Grundlage ist vorhanden; Projekte in Hamburg und der Region liefern Technikbelege. Jetzt kommt es auf eine entschlossene Entscheidung im Bezirk an.
Quellen
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Denkmalschutz Frank’sche Siedlung (Rechtsrahmen): Ensemble-Verordnung & Denkmalpflegeplan.
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Solarpflicht Hamburg ab 2024 (FAQ & Regelungen): Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA).
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Grundsatzentscheidung Altona zu Wärmepumpen: Bezirksamt Altona & Berichte.
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Quartierswärme & dezentrale Netze: Hamburger Energiewerke; Praxisbeispiele.